Vor einigen Jahren stand ich selbst als schwangere Veganerin vor der Frage, wie eine vegane Schwangerschaft eigentlich gelingen kann und worauf ich wirklich achten muss.

Diese Frage beschäftigte mich sehr und ich war gleichzeitig so überrascht, dass es darüber in Deutschland noch keine Lektüre zu bestellen gab, dass ich mir in diesem Moment vornahm diese Lücke schnellstmöglich zu füllen.

Im Herbst 2017 erschien dann mein erstes Buch Vegan in anderen Umständen, in dem es um die gesunde vegane Schwangerschaft und Stillzeit geht. Du findest im Buch einen umfangreichen Ratgeberteil plus ca. 140 gesunde vegane Rezepte, die komplett Schwangerschaftserprobt sind. Der Weg zum Buch führte mich zu einer Ausbildung als ganzheitliche Ernährungsberaterin und diversen Weiterbildungen, um mich auf die vegane Familienernährung zu spezialisieren. Im Februar 2015 brachte ich selbst meinen gesunden zweiten Sohn zur Welt und hatte einen super Vergleich zu meiner mischköstlichen Schwangerschaft, die ich über 10 Jahre zuvor erlebt hatte.

Heute möchte ich dir unbedingt in Kurzfassung erzählen, worauf du achten solltest. In meinem Buch findest du natürlich umfassendere Informationen. Außerdem gibt es inzwischen auch einen Online-Kurs zum Buch. Dazu am Ende des Artikels mehr.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass bei veganer Ernährung einige Lebensmittelgruppen wegfallen und daher ein entsprechendes Wissen notwendig ist. Eine Ernährungsberatung erachte ich aufgrund dessen als durchaus sinnvoll, da hier die Weichen für eine gesunde Zukunft des Kindes gestellt werden.

Wie sieht eine korrekte Ernährung in einer veganen Schwangerschaft aus? Worauf muss „Frau“ achten?

Unser Körper hat plötzlich zwei Stoffwechsel zu versorgen: Einen Erhaltungsstoffwechsel und einen Aufbaustoffwechsel. In der Schwangerschaft benötigt er dafür logischerweise mehr Nährstoffe. Schwangere müssen also nicht doppelt so viel, sondern doppelt so gut essen. Der Körper holt sich, was er braucht. Doch wo nichts ist, lässt sich auch nichts holen.

In der Schwangerschaft ist der Bedarf an einigen Vitaminen und Mineralstoffen stark erhöht. Teilweise sind dies die gleichen Stoffe, die bei einer veganen Ernährung potentiell kritisch sind. Dies bedeutet, dass in dieser Bevölkerungsgruppe (hier z.B. die Veganer) ein Mangel häufiger auftritt als in der Allgemeinbevölkerung. Es bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass dem so sein muss – und schließt auch nicht aus, dass bei der Allgemeinbevölkerung ein solcher Mangel nicht auftauchen kann.

Aber es gilt daher natürlich besonders, diese Nährstoffe (erhöhter Bedarf in der Schwangerschaft kontra potentiell kritisch bei veganer Ernährung) im Auge zu behalten.

Diese sind:

  • Vitamin B2
  • Vitamin B12
  • Eisen
  • Jod
  • Zink
  • Omega-3-Fettsäuren (insbesondere EPA/DHA)

Weitere Nährstoffe, deren Bedarf erhöht ist, sind Vitamin A, Folat, Vitamin C und Magnesium. Es wird fast immer verschwiegen, dass Veganer i.d.R. mit Vitamin C und Folat besser versorgt sind als Mischköstler.

Folat

Gerade das Beispiel Folat führt die Diskussion um B12 ein wenig ad absurdum, denn die Folsäure (synthetische Form des Folats) wird allen Schwangeren oder bereits bei der Planung einer Schwangerschaft aufgrund der durchschnittlich schlechten Versorgung der Mischköstler als Nahrungsergänzung verschrieben und empfohlen. Folat ist verantwortlich für Zellteilungs- und Wachstumsprozesse und reduziert das Fehlbildungsrisiko in der Frühschwangerschaft (bis zum 28. Tag nach der Konzeption!!!).

Sie befindet sich insbesondere in Weißkohl, Sauerkraut, Grünkohl, Rosenkohl, Fenchel, getrockneten Feigen, Brokkoli, Spinat, Feldsalat, Endivien, Tomaten, Apfelsinen, Erdbeeren, Weizenkeimen, Vollkorn-Produkten, Hülsenfrüchten und Sojamehl. Produkte, die mit einer abwechslungsreichen veganen Ernährung nach Vollwert-Prinzipien (https://www.ugb.de/ugb-verband/nachhaltige-ernaehrung/) regelmäßig gegessen werden.

Veganer sind in der Regel gut mit Folat versorgt, aber ob eine Nahrungsergänzung für vegane Schwangere mit Folsäure notwendig ist, mache ich persönlich in der Beratung immer davon abhängig, WO die Schwangere isst und WIE sie ihr Essen zubereitet, da Folat sehr empfindlich ist und der Gehalt sich bei falscher Lagerung und Zubereitung drastisch reduziert (um bis zu 70 %!).

Daher gilt: Gemüse und Salate frisch verzehren, dunkel lagern und unzerkleinert, aber gründlich unter fließendem Wasser waschen. Außerdem dünsten, dämpfen und die Garflüssigkeit mitverwenden. Nach zwanzig Minuten warmhalten sind im Essen weder Folsäure noch Vitamin C vorhanden – daher lieber abkühlen und aufwärmen.

Quelle Ernährungspyramide: Vegan in anderen Umständen

Vitamin B12

Vitamin B12 muss supplementiert werden, denn Tatsache ist, dass ein B12-Mangel zu neurologischen Schäden führen KANN. Tatsache ist, dass mit einer veganen Ernährung ohne B12-Supplemente mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann ein B12-Mangel vorliegen WIRD. Tatsache ist aber auch, dass vegane Eltern in der Regel bestens darüber informiert sind, dass B12 durch Nahrungsergänzung zugeführt werden MUSS.

Bitte vermeide typische Fehler. Welche das sind, kannst du hier in meinem Blogartikel nachlesen: (Verlinkung zu: https://www.vegane-familien.de/vitamin-b12-und-vitamin-d-mangel-trotz-substitution-5-haeufige-fehler/

Vitamin B2

Vitamin B2 ist beteiligt an der Energiegewinnung, Krankheitsabwehr und Embryonalentwicklung. Es befindet sich in Nüssen, Samen, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Getreidekeimlingen, Avocados und Bananen. Bei diesem Vitamin gelten ähnliche Zubereitungsregeln wie bei Folat.

Eisen

Eisen ist nicht nur in einer veganen Schwangerschaft ein kritischer Nährstoff, sondern auch bei fast allen anderen „normalen“ Schwangeren. Mit der veganen Ernährung wird der Bedarf am besten über eisenreiche Lebensmittel wie z.B. Kürbiskerne, Hirse, Haferflocken, Tahin, Linsen usw. gedeckt. Es sollte unbedingt ein zeitlicher Abstand zum Genuss von Kaffee oder grünem Tee stattfinden, da diese die Aufnahme hemmen. Dagegen wird die Aufnahme durch die Kombination mit Vitamin C – also entsprechendes Obst oder Gemüse erhöht. Darüber hinaus ist es sinnvoll alle Getreide, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen vor dem Genuss einzuweichen, da hierdurch die Phytinsäure abgebaut wird, die die Aufnahme erschwert. Einen ausführlichen Artikel zum Thema Eisen findest du hier: https://www.vegane-familien.de/eisen-in-der-schwangerschaft/.

Jod

Jod ist Bestandteil der Schilddrüsenhormone, wichtig beim Wachstum und Energiehaushalt sowie für die fetale Gehirnentwicklung. Der Mehrbedarf in der Schwangerschaft liegt bei 15%. Quellen sind Jodsalz im Haushalt (ich nutze nie raffiniertes Salz, sondern in diesem Fall Meersalz mit jodhaltigen Algen) oder z.B. die Nori-Alge. Ein Blatt Nori enthält 50-80 µg Jod. Die Bioverfügbarkeit ist sehr gut. Bitte Vorsicht bei übermäßigem Jodkonsum während eines Jodmangels. Dadurch werden Schilddrüsenprobleme verursacht. Jod sollte weder unter- noch stark überdosiert werden. Bitte nie mehrere Kombi-Nahrungsergänzungspräparate parallel einnehmen. Wenn du dich gut mit Algen auskennst, kannst du auch andere Algen verwenden. Ganz wichtig ist bei Jod die Regelmäßigkeit – sprich tägliche Zufuhr.

Zink

Zink ist Co-Faktor zahlreicher (über 200!) Stoffwechselprozesse im Körper, bei der Herstellung von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen und wichtiger Helfer für das Immunsystem. Der Mehrbedarf in der Schwangerschaft liegt bei sagenhaften 40 %. Pflanzliche Quellen sind Sojabohnen, Haferflocken, Linsen, Erdnüsse, Cashewkerne, Paranüsse und Keimlinge.

Die intestinale Aufnahme wird gefördert durch Proteine und Zitronensäure und gehemmt durch Phytate, Tannine, Ballaststoffe, Kalzium, Eisen und Kupfer. Daher bitte alle Hülsenfrüchte, Getreide und Nüsse einweichen/garen, rösten, fermentieren oder keimen.

Omega-3-Fettsäuren ALA/EPA/DHA

Omega-3-Fettsäuren (insbesondere DHA) sind ebenfalls sehr wichtig für die (fetale) Entwicklung des Nervensystems. Vegane Quellen sind Leinöl, Hanföl, Walnussöl und Rapsöl. Ich empfehle Rapsöl als Hauptöl in der kalten Küche, da es über ein sehr gutes Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3-Fettsäuren verfügt und verwende zusätzlich EPA/DHA-angereichertes Leinöl (1-2 EL pro Tag). „Frau“ sollte darauf achten, die Öle nur kalt zu verwenden und sie rasch zu verbrauchen, da auch die Omega-3-Fettsäuren sehr empfindlich sind. Wenn du eins der anderen genannten Öle, Leinsamen, Walnüsse benutzt, bist du gut mit der Alpha-Linolensäure versorgt, die im Körper auch in EPA und DHA umgewandelt wird. Die Umwandlungsrate ist bei den meisten Menschen jedoch zu gering. Zudem hemmt eine hohe Zufuhr von Omega-6 Fettsäuren die Umwandlung, da die gleichen Enzyme genutzt werden. Das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 sollte schlechtestenfalls bei 5:1 liegen, besser sogar darunter. EPA ist wichtiger Gegenspieler im Entzündungsstoffwechsel. Daher empfehle ich in der Beratung immer ein EPA/DHA angereichertes Leinöl und inzwischen sogar noch ein zusätzliches Supplement.

Protein

Immer wieder Diskussionspunkt: Protein! Nein, wir Veganer können ihn nicht mehr hören, diesen leidigen Satz: „Und woher bekommst Du eigentlich Dein Protein?“.

Was ist nun wirklich dran an der Proteingeschichte? Insbesondere im Wachstum benötigen vegane Klein- und Vorschulkinder mehr Protein (Quelle: UGB Forum). Natürlich muss auch während der Schwangerschaft und darüber hinaus auf eine ausreichende Versorgung geachtet werden. Pflanzliche Eiweißträger wie Getreide, Kartoffeln und Hülsenfrüchte sollten sinnvoll kombiniert werden, um die biologische Wertigkeit (https://de.wikipedia.org/wiki/Biologische_Wertigkeit) entsprechend zu erhöhen. Sinnvolle Kombinationen sind z.B.:

  • Haferflocken, Erdnüsse, Sojamilch
  • Roggen-Vollkorn-Sauerteigbrot mit Rote-Linsen-Aufstrich
  • Spätzle mit Linsen

Kein erhöhter Bedarf bei Calcium – jedoch zu beachten!

Calcium ist Baustoff für Knochen und Zähne und wichtig für die Aufrechterhaltung der Bioelektrizität. In der Schwangerschaft ergibt sich kein Mehrbedarf. Die Empfehlung der DGE liegt bei 1.000 mg/Tag. Man geht jedoch aufgrund theoretischer Berechnungen davon aus, dass bei veganer Ernährung weniger Calcium (etwa 700 mg/Tag) ausreicht (FAO, WHO 2004). Pflanzliche Quellen für Calcium sind Sesam/Tahin (aber keine gute Bioverfügbarkeit), Mandeln und Mandelmus, Brokkoli, Fenchel, Grünkohl, Kichererbsen, Pflanzendrinks (Ca++) sowie calciumhaltiges Mineralwasser (ab 300 mg/l). Ich liebe inzwischen auch die Kalziumalge Lithotamnium Calcareum, die auch im Biobereich in angereicherten Pflanzendrinks verwendet wird. Sie ist geschmacksneutral und lässt sich prima unter Aufstriche und dergleichen mischen. Außerdem enthält sie auch noch Jod, was ich ganz praktisch finde. Du musst bei der jeweiligen Charge genau schauen, wie hoch der Calcium- und Jodgehalt sind.

Und was ist mit Vitamin D?

Weiterhin wichtig zu erwähnen ist Vitamin D. Immer wieder als Mangelnährstoff bei Veganern erwähnt, betrifft dieser Mangel jedoch bis zu 90% der Bevölkerung in Deutschland und sollte meiner Meinung nach bei allen Schwangeren untersucht werden, da ein Vitamin D-Mangel gravierende Auswirkungen haben kann. Der Bedarf an Vitamin D ist in der Schwangerschaft nicht weiter erhöht, weshalb es in meiner obigen Liste nicht aufgeführt ist. Es muss jedoch zumindest in den Wintermonaten nahrungsergänzend zugeführt werden. Außerdem empfehlen sich tägliche Spaziergänge im Sonnenlicht. Noch mehr Informationen zum Thema findest du in diesem Artikel über Vitamin D: https://www.vegane-familien.de/vitamin-d-fuer-alle-und-die-schwangeren/

Empfehlungen & der Online-Kurs zum Buch

Ich empfehle einmal im Jahr einen Bluttest für alle Veganer. In der Schwangerschaft sollte (abhängig vom Befund) ein einmaliger umfangreicher Bluttest ausreichen. Du findest die genauen Blutwerte in meinem Buch (https://veganverlag.de/produkt/vegan-in-anderen-umstaenden/), oder auch als Beigabe zu meinem Online-Kurs zum Buch. Diesen gibt’s hier: https://bit.ly/2QPug42https://bit.ly/2QPug42*. Hier gibt es weitere Inhalte von mir persönlich präsentiert. Der Kurs läuft über 15 Tage. Du erhältst jeden Tag eine eMail mit Zugang zu einem neuen Video und am Ende noch Dokumente sowie ein Zertifikat.

Und wer noch mehr zu veganer Ernährung in der Schwangerschaft oder den folgenden Lebensphasen wissen möchte oder immer noch unsicher ist, kann mich gerne per eMail für eine Beratung kontaktieren: kinder@vegane-familien.de

Mein Fazit:

Ja – man sollte sich auskennen, wenn man sich und seine Kinder vegan ernährt. Gerade in dem Dschungel veganer Ersatzprodukte, die verleiten und teilweise auch in falscher Sicherheit wiegen, ist es leicht möglich, die vegane Ernährung sehr einseitig umzusetzen. Aber eine vollwertig pflanzliche vegane Ernährung ist in jeder Lebensphase möglich, so wie viele Fachgesellschaften dies inzwischen bestätigen. Ich hoffe ich konnte dir mit diesen Informationen schon weiterhelfen.

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